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- Nicht von Menschenhand - Das Wunder von Guadalupe
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Rätsel um den
größten Wallfahrtsorte der Erde
- G U A D A L U P E H E U T E -
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Der kleine Hügel
Tepeyac war zu Lebzeiten Juan Diegos und zu den Tagen der Marien-Wunder
ein
ödes und unbewohntes Fleckchen Erde. Nur die von den Spaniern
zerstörte Ruine
eines aztekischen Heiligtums für die Muttergöttin fand sich
dort.
Doch fast 500
Jahre später ist Guadalupe nicht mehr mit dem Guadalupe von
früher zu
vergleichen. Es ist der größte Wallfahrtsort der Erde
geworden. 20 Millionen Pilger und Neugierige, so die üblichen
Schätzungen, strömen im Jahr nach Guadalupe und in die
Basilika, um dort zu
beten. Damit ist Guadalupe nicht nur der größte
christliche Wallfahrtsort, sondern der größte überhaupt
– mit mehr Pilgern als zum
Beispiel Rom oder Mekka. Ein Wallfahrtsort, in dem sich Menschen aller
Nationen und aller sozialen Schichten versammeln, um der Tilma zu
huldigen und
dort zu beten. Vor allem am Sonntag ist dort „der Teufel los“.
In frommem Gebet
versunken sitzen hier die Gläubigen zu Füßen der Tilma
über dem Hauptaltar und
murmeln in vielen verschiedenen Sprachen ihre Gebete. Nonnen,
Mönche und andere
Geistliche finden sich hier ebenso wie Touristengruppen, einzeln
Reisende,
Pilger aus Mexiko-Stadt, Greise, Kinder, Männer, Frauen und auch
religiöse
Eiferer. Anders als das legendäre und heftig umstrittene Grabtuch
von Turin in
Italien ist die Tilma von Guadalupe in einer Dauerausstellung dem Volk
zugänglich.
Der Pilger, der
das Heiligtum von Guadalupe besucht und dort die Tilma bewundern will,
startet
meist in der Megastadt Mexiko-City. Damals, in den Zeiten des Wunders
lag die
neue Hauptstadt weit entfernt, und an moderne Verkehrsmittel war lange
nicht zu
denken. Doch heute steigt der Tourist in Mexiko-Stadt in ein Taxi
(wobei Sie
sich unbedingt an die rot-weißen Taxis halten sollten, um einen
akzeptablen
Fahrpreis zu bekommen) oder einen Bus (einen Mietwagen kann man in dem
Verkehrschaos dieser Megacity keinesfalls empfehlen!) – und ist in
wenigen Minuten
an Ort und Stelle. Nur rund fünf Kilometer ist das Heiligtum vom
belebten
Stadtzentrum entfernt. Es liegt direkt entlang der Hauptverkehrsachse
in
nordöstliche Richtung, der Paseo de la Reforma.
Smog liegt in Luft,
und an einigen Tagen kommt nicht einmal die Sonne richtig durch den
Dunstschleier aus Abgasen. Doch erreicht man sein Ziel am Fuß des
Tepeyac, ist
man in einer anderen, friedlichen Welt. Oftmals sieht man ganze
Pilgergruppen
von zahllosen Menschen zur Basilika wandern. Es sind
Dorfgemeinschaften, die teilweise
sogar hunderte von Kilometern zu Fuß gekommen sind, um ihrer
Heiligen zu
huldigen.
Über einen
breiten Aufstieg vor dem Heiligtum betritt man den Bezirk der Basilika.
Auf dem
Weg zum Heiligtum gibt es viel zu sehen. Hier begegnet der Besucher
nicht
selten frommen Pilgern, die auf den Knien zur Abbildung der Jungfrau
rutschen,
um ihr Bußgelübte einzulösen. Dann und wann kann man
beobachten, wie Freunde
und Angehörige der über den Boden rutschenden Gläubigen
Tücher vor deren Knien
auslegen, um die Schmerzen etwas zu lindern.
Erklimmt man dann
den Weg zum heiligen Bezirk, steht man auf dem gewaltigen Vorplatz des
Heiligtums, direkt vor der alten Basilika. Links davon steht die neu
erbaute,
rundliche Basilika, rechts die Kappelle der Kapuziner. Blickt man
rechts
oberhalb der alten Basilika hoch zum Tepeyac, thront dort die so
genannte
Tepeyac-Kapelle. Sie soll am eigentlichen Ort der Erscheinungen der
Gottesmutter von 1531 stehen. Links daneben findet sich ein alter
Friedhof, der
1831 eröffnet und 1910 umgebaut und modernisiert wurde. Nur kurz
darauf wurde
die Gattin des früheren Diktators Porfirio Dianz hier beerdigt.
Auch andere
hohe Persönlichkeiten aus der Geschichte Mexikos haben hier auf
dem Gipfel des
Tepeyac ihre letzte Ruhe gefunden. Es ist ein urtümlicher Friedhof
mit verwachsenen
Wegen und verfallene Grüften.
Rund um den
Tepeyac finden sich wundervoll angelegte Gärten und breite
Treppen. Bänke laden
den Besucher zum Verweilen ein.
Die Kapuziner-Kapelle
mit der Pfarrkirche steht Tag und Nacht jedem Besucher offen. Vor allem
die
Indianer Mexikos lieben dieses Heiligtum, denn dort soll Juan Diego
bestattet
worden sein. Ob sich das Grab des Heiligen tatsächlich hier
befindet ist jedoch
unklar. Vielleicht ist es auch nur eine fromme Legende…
Die erste
erbaute Kapelle ist die neben der Kapuziner-Kapelle stehende
Indianer-Kapelle.
Sie ist wesentlich kleiner als alle anderen Heiligtümer von
Guadalupe, viel
einfacher gebaut und weniger ausgeschmückt, aber bis heute in
Gebrauch.
Man kann heute
eine Art Rundgang über den Tepeyac machen. Rechts oder links
beginnend führen
Treppen auf die Spitze des Hügels und zum Heiligtum, auf der
anderen Seite kann
man dann wieder hinuntergehen.
Ganz rechts in
der gegenüber liegenden Ecke der neuen Basilika und neben der
Kapelle der
Indianer steht die Brunnen-Kapelle von 1777 mit ihrer prachtvollen
Kuppel. Man
spricht bis auf dem heutigen Tag dem Wasser des Tepeyac heilende
Kräfte zu. In
der Tat berichten bis heute immer wieder Menschen, dass sie von
Gebrechen oder
Krankheiten genesen sind, sobald sie Wasser vom Tepeyac getrunken haben
oder
schmerzende Stellen damit eingerieben haben – ob dies nun auf das
schwefelhaltige Wasser oder auf die pure Wundergläubigkeit und
eine Art Placeboeffekt
zurückzuführen ist, bleibt jedoch unklar.
Geht man von der
Brunnen-Kapelle in Richtung Westen, kommt man, an der alten Basilika
vorbei, zur
Taufkapelle. Auch sie ist ein Rundgebäude und harmoniert aufgrund
ihrer Form
wunderbar mit der daneben liegenden neuen Basilika. Gleich links neben
und
etwas vor der Taufkapelle, hinter der neuen Basilika, wurde eine
Gedenkstätte
errichtet, in der unzählige Pilger Kerzen anzünden. Unweit
davon befindet sich
ein Seiteneingang zur neuen Basilika, durch den man direkt zu einem
Andenkenshop kommt. Dort können die entsprechenden Kerzen gekauft
werden. An
diesem Andenkengeschäft hängt rechts eine Kopie der Tilma, an
der heute die
Gläubigen Kerzen und Amulette reiben. So, wie es lange Jahre
hinweg an der
Original-Tilma Brauch war. An der linken Seite hängt ein ebenso
großes Bild des
heiligen Juan Diego.
Ein Wort zum
Klima: Eingeborene mögen hier keine Schwierigkeiten haben, doch
die Luft des
mexikanischen Hochlandes ist hier für den Europäer merklich
dünn, so dass der
Aufstieg über die Kräften älterer Menschen gehen kann.
Kern aller
Pilger ist jedoch die neue Basilika vom Tepeyac. Das Allerheiligste
darin ist
der Hauptaltar mit der Tilma des Juan Diego. Die neue Basilika ist in
ihrem
Inneren architektonisch geschickt gebaut worden, denn von jedem Platz
aus hat
man einen freien Blick auf die Tilma. Um den Massen an gläubigen
Pilgern und
neugierigen Besuchern wenigstens einen kurzen Blick aus der Nähe
auf die Tilma
zu erlauben, betritt man hinter und unterhalb des Hauptaltars insgesamt
vier
Fließbänder. Sie führen den Besucher unten an der Tilma
vorbei, und so kann
jeder ohne Gedränge das Wunder von Guadalupe betrachten.
Treffend
schildert Anfang der siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts Henry F.
Unger
den Trubel, der rund um die Basilika in Guadalupe herrscht. Er schrieb
– und
daran hat sich bis heute nichts geändert:
"Heute, wenn der Tourist die stets überfüllte
Basilika betritt, ist er im höchsten Maße erstaunt über
die Schönheit des
Bildes von Guadalupe oben über dem Hauptaltar. Ich kann mich an
das innige
Beten der Mexikaner erinnern, wie sie, auf den Knien liegend, den in
Blumen
eingehüllten Hauptaltar umdrängten. Ich sah auch, dass die
meisten Mexikaner
sich in die daneben liegende Sakramentskapelle begaben. Der Besucher
kann nicht
anders als von dem großartigen Hauptaltar in dieser Kapelle und
den vielen
Seitenaltären beeindruckt sein. Ich konnte kaum in diese Kapelle
hineinkommen,
wo alle Viertelstunde die heilige Kommunion gespendet wurde (…)
Von allen Seiten rutschten mexikanische
Pilger auf den Knien über den Fußboden zum Sakramentsaltar.
Dort – oft mit
ausgebreiteten Armen – schütteten sie dem eucharistischen
König ihr Herz aus.
Trauben von kleinen Kindern hingen an einer betenden mexikanischen
Mutter, die
ihren Blick nicht von der heiligen Hostie wandte. Andere Mexikaner
brachten
armvoll Blumen und stellten sie auf die Kommunionbank. Wieder andere
hinterließen Gedenktafeln zum Dank für eine Heilung, die sie
durch Gebete zum
Herrn im allerheiligsten Altarsakrament erlangt hatten (…)"
Es ist eine tief
spirituelle Atmosphäre im Inneren der Basilika. Auf den
Bänken sitzen alte und
junge Menschen, Männer und Frauen, Mönche und Nonnen,
schmutzige Indios neben
offenbar reichen Mexikanern und ganze Reisegruppen und Schulklassen.
Leise
hallt die Basilika von den gemurmelten Gebeten der Besucher wieder.
Die
Erscheinungen der Gottesmutter im Dezember 1531 und letztlich das
eigentliche
Wunder von Guadalupe – die Abbildung der Maria auf der Tilma –
schrieben
Weltgeschichte. Die feindlich nebeneinander lebenden Azteken und die
spanischen
Eroberer bekriegten sich, und das Volk der Azteken wäre trotz
ihrer
zahlenmäßigen Überlegenheit mit Sicherheit in der
Versenkung der Geschichte
verschwunden. Wäre da nicht das Wunder der Maria geschehen!
Spanier und
mexikanische Ureinwohner verbrüderten und vermischten sich zu
einem neuen Volk.
Und als Zeichen dieses Ereignisses blieb bis auf den heutigen Tag die
in
Guadalupe in einer Dauerausstellung zu bewundernde Tilma – ein
wissenschaftlich
nicht zu erklärendes Wunder.
Sicher haben
viele der Pilger genau diese Ereignisse und Fakten im Hinterkopf, wenn
sie
Guadalupe besuchen. Sie haben zumindest schon einmal davon gehört,
dass die
Tilma wissenschaftlich immer wieder untersucht wurde und dabei mehr
Fragen als
Antworten auftauchten. Sicher haben sie von den Marienerscheinungen auf
dem
Tepeyac gehört und sicher auch davon, dass das Marien-Bild
plötzlich auf Diegos
Poncho erschien.
Doch haben sich
die Millionen von Pilger, die Jahr für Jahr Guadalupe besuchen,
auch intensiver
mit der wissenschaftlichen Faktenlage und vor allem mit den Fragen rund
um die
Tilma befasst? Dies wollen wir im Folgenden tun.
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Lars A. Fischinger
Nicht von Menschenhand
Das Wunder
von Guadalupe und seine Geschichte / Rätsel um den
größten Wallfahrtsorte der Erde und andere Reliquien
Silberschnur
Verlag 2007, 288 S., ca. 60 Fotos & Abb., geb., ISBN 3898451747, 17,90 Euro |
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